Nach einer kleinen Auszeit (aufgrund von Zeitmangel) komme ich heute mal mit einem völlig anderen, jedoch nicht weniger interessanten Thema. Dem Titel zufolge geht es dabei um Mathematik, jedoch etwas anders, als man sie in der Schule oder an der Uni gelehrt wird. Ich habe kürzlich einen Artikel über vedische Mathematik gelesen. Es handelt sich dabei um indische Rechenregeln, welche Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts (angeblich) aus dem Veda (eine Sammlung religiöser Texte aus dem Hinduismus) herausgearbeitet wurden. Leider vermittelte dieser Artikel lediglich den möglichen Ursprung der Regeln, ohne auf diese im Detail einzugehen – es wurde jedoch angemerkt, dass dadurch die Kopfrechenzeit extrem beschleunigt werden kann. Das hat mich dann zugegebenermaßen so neugierig gemacht, dass ich mir das Buch “Mathe Magie” von Dr. Arthur Benjamin, einem US-Amerikanischen Mathematikprofessor besorgt habe.
Eine der Kernaussagen des Buches liegt in der Annahme, dass das Rechnen von links nach rechts wesentlich einfacher und natürlicher durchgeführt werden kann, als von rechts nach links (wie man es in der Schule lernt) – schließlich liest man auch (zumindest hierzulande) in dieser Richtung. Der zweite Kern liegt in der Vereinfachung von Rechenaufgaben. Was damit genau gemeint ist, und wieso das einfacher ist möchte ich jedoch jetzt nicht im Detail erklären (werde ich jedoch bei Interesse gerne tun), vielmehr möchte ich auf die wirklich interessanten Themen (Sonderbehandlungen) eingehen.
Multiplikation mit 11
Prinzipiell ist die Multiplikation mit 11 keine wilde Sache für die Rechnung im Kopf. Jedoch gibt es ein interessantes Vorgehen, um dies erheblich zu beschleunigen und zu vereinfachen. Das funktioniert wie folgt. Angenommen wir stehen vor der Aufgabe 35 x 11. Wir addieren die 3 und die 5 und stecken das Ergebnis zwischen die erste und die letzte Ziffer der Ursprungszahl. Wir erhalten 385 und haben die Antwort. Das Funktioniert übrigens bei allen Multiplikationen mit 11, wird jedoch bei mehrstelligen Multiplikatoren schwieriger. Hier ein paar Beispiele:
Quadrieren 2-stelliger Zahlen, die auf 5 enden
Die Berechnung solcher Aufgaben ist ebenfalls erstaunlich einfach und schnell. Es müssen folgende zwei Schritte durchgeführt werden:
- Berechne die erste Ziffer mal die erste Ziffer um eins erhöht
- Hänge 25 an
Angenommen wir wollen die Zahl 85 quadrieren, dann rechnen wir also zunächst 8 x 9 = 72 und hängen 25 an – es ergibt sich 7225.
Quadrieren allgemein
Natürlich können auch andere Zahlen wesentlich einfacher quadriert werden. Dafür wird die Aufgabe selbst vereinfacht – angenommen wir wollen 42 quadrieren. Dann suchen wir uns das nächgelegene Vielfache von von 10, was hier die 40 wäre. Diese Zahl ist 2 von der 42 entfernt, sodass wir auch nochmal 2 hinzuaddieren. Diese beiden Zahlen, also 40 und 44 multiplizieren wir (was viel einfacher ist als 42 x 42) und bekommen 1760. Dazu addieren wir dann noch das Quadrat des Abstands, also 2 x 2 = 4 und bekommen 1764. Fertig. Nun nochmal etwas anschaulicher:
Das ganze funktioniert übrigens besonders schön, wenn die zu quadrierende Zahl nahe an einer 10er-Potenz liegt.
Multiplizieren 2-Stelliger Zahlen bei denen die erste Stelle gleich ist und die Summe der zweiten Ziffern 10 ergibt
Das ist zwar ein extremer Sonderfall, aber trotzdem ganz interessant und funktioniert wieder in zwei Schritten:
- Berechne die erste Ziffer mal die erste Ziffer um eins erhöht
- Multipliziere die beiden zweiten Ziffern und hänge das Ergebnis an die Zahl aus Schritt 1
Stehen wir vor der Aufgabe 64 x 66, dann rechnet man also 6×7 = 42 und 4×6 = 24 – man erhält 4224.
Testen auf Teilbarkeit
Manchmal möchte man vor einer Berechnung wissen, ob die vorliegende Zahl durch eine andere (einstellige) Zahl teilbar ist. Für beliebig größe Zahlen könnte man das so machen:
- 2 => letzte Ziffer gerade
- 3 => Quersummer durch 3 teilbar
- 4 => die letzten beiden Ziffern sind durch 4 teilbar, z.B. 952124 => 24 ist durch 4 teilbar, also ist es die ganze Zahl auch
- 5 => letzte Ziffer ist 0 oder 5
- 6 => Zahl ist gerade und durch 3 teilbar
- 7 => Etwas schwieriger, hier addiert man ein Vielfaches von 7, sodass hinten eine Null steht, streicht diese Null und macht solange weiter, bis man eine sichere Aussage treffen kann, z.B. 5292 – 42 = 5250 => 525 + 35 = 560 => 56 also durch 7 teilbar.
- die letzten 3 Ziffern sind durch 8 teilbar, z.B. 98651168 => 168 durch 8 teilbar, also ist es die ganze Zahl auch
- 9 => Quersumme durch 9 teilbar
- 10 => letzte Ziffer ist 0
- 11 => Ziffern abwechselnd subtrahieren und addieren, Ergebnis ist 0 oder Vielfaches von 11, z.B. 73194 => 7-3+1-9+4 = 0 => teilbar durch 11
Nahe beeinander Methode
Diese Methode ist dem Namen nach ideal für Multiplikationen bei denen die Zahlen nahe beeinander liegen. Angenommen man möchte 111 x 107 berechnen. Beide Zahlen sind ziemlich nahe an der 100 (mit einem Abstand von 11 bzw. 7). Wir rechnen nun 100 x (100+11+7) = 100 x 118 = 11800. Nun multiplizieren wir noch die “Abstände” miteinander und erhalten 7×11 = 77 und addieren dies zum vorigen Ergebnis. Wir erhalten 11877 als Ergebnis. Für diese Rechnung müssen lediglich die beiden Zahlen nahe beeinander sein, nicht zwingend nahe an einer 10er-Potenz. Nehmen wir beispielsweise 78×73, könnte man 70 x (70+8+3) = 70 x 81 = 5670 und 8×3 = 24 rechnen, um auf 5694 zu kommen. Abschließend noch die Rechnung 396 x 387: 400 x (400-4-13) = 400 x 383 = 153.200, 4×13 = 52 => 153.252.
Fazit
Wie man sieht habe ich hier ausschließlich Sonderfälle demonstriert, an welchen man allerdings schon einen kleinen Eindruck davon erhält, was alles möglich ist, um das Kopfrechnen zu verbessern und zu beschleunigen. Für einen tieferen Einblick sollte man sich das Buch allerdings selbst mal zu Gemüte führen und vorallem auch die Übungsaufgaben durchgehen. Insgesamt kann ich festhalten, dass der ein oder andere (mich einbezogen) bereits vor dem Lesen des Buches und trotz anders lautenden Lehrmethoden intuitiv in bestimmten Bereichen das beschriebene “von-links-nach-rechts-rechnen” eingesetzt hat, allerdings gibt es wesentlich mehr her als man glaubt. Bei einigen Themen gehe ich sogar noch weiter und bin der Meinung, dass Sie in den Lehrplan von Schulen gehören und nicht nur in ein (mehr oder weniger) unbekanntes Buch! Die vorgestellten Methoden erlauben es alle denkbaren Aufgaben nicht nur schneller, sondern oft auch exakter zu lösen. In speziellen Fällen, wie beispielsweise dem Ziehen von Kubikwurzeln (mit einer ganzen Zahl als Ergebnis) schlägt man sogar nach einem Lernaufwand von weniger als 5 Minuten jeden Taschenrechner. Weiterhin stellt Dr. Benjamin den Einsatz von Mnemotechniken und einen phonetischen Code vor, wodurch man sich Zahlen wesentlich schneller und in einem viel höherem Umfang merken kann.
Zum Abschluss stellt er eine Methode vor, mit welcher im Kopf der Wochentag zu einem beliebigen Datum in wenigen Sekunden errechnet werden kann. Falls Interesse besteht, werde ich dazu natürlich gerne einen Artikel schreiben
Da die beschriebenen Ansätze und Methode sehr viel schneller rechnen als die Herkömlichen, werde einige davon mittlerweile sogar in Computerchips verwendet, um deren Performance zu steigern. Aber nun genug der vielen Worte, jetzt bin ich mal gespannt auf eure Kommentare und Meinungen zu diesem Thema.
Gute Zusammenfassung. Habe mir das Buch extra wegen meiner Bewerbung bei der DFS und der Lfthansa gekauft 🙂 Ich hoffe das hilft mir dort und auch in andern Gebieten weiter!
Lg
Vedische Mathematik ist schon ein echter Knüller. Wenn man bedenkt, daß die alten Inder diese Methoden bereits zu Zeiten verwendeten, als der ganze Rest der Welt noch nicht einmal die Sprache für sich entdeckt hat, und sie damit noch dazu fehlerfrei rechneten, dann ist das mehr als erstaunlich. Ich wünschte mir ehrlich, wir hätten das schon in der Schule gelernt. Die alten vedischen Textbücher benutzte in ihren Erklärungen ja noch nicht einmal Ziffern und Zahlen. Muß man sich mal vorstellen.
Dieser Artikel hat mich ebenfalls sehr neugierig auf das Buch gemacht. Habe es mir sofort bestellt und bin gespannt, ob die Kopfrechen-Fähigkeiten sich wirklich verbessern werden.